Im großen, oft zähen, aber unaufhaltsamen Marsch des Fortschritts war das Versprechen eines Haushaltsroboter-Butlers lange Zeit eine hartnäckige Science-Fiction-Fata Morgana. Doch das norwegische Robotikunternehmen 1X Technologies, bewaffnet mit einer prall gefüllten Kriegskasse von Investoren wie OpenAI, hat jetzt ordentlich aufs Gaspedal getreten. Sie haben die Vorbestellungen für Neo eröffnet, einen 168 cm großen humanoiden Roboter, der Ihre Hausarbeiten erledigen, Witze erzählen und sich überhaupt nützlich im Haushalt machen möchte. Und er kann Ihnen für eine schlappe 200 € Anzahlung gehören, obwohl die Endrechnung allerdings etwas… substanzieller ausfällt.
Vergessen Sie vage Tech-Demos in sterilen Laboren. 1X hat ein Hochglanzvideo veröffentlicht, das Neo beim Aufräumen eines Wohnzimmers, beim Holen von Gegenständen und bei der Interaktion mit einem Menschen auf eine Weise zeigt, die alarmierend kompetent wirkt. Es ist eine mutige Erklärung, dass der humanoide Roboter für Endverbraucher nicht länger ein ferner Traum ist, sondern etwas, das man tatsächlich in den Warenkorb legen kann.
Bitte treten Sie ein: Ihr neuer Mitbewohner
Was genau bekommen Sie also für Ihr Geld? Neo ist ein bipedaler Androide, von Grund auf als „sanft und sicher“ für Heimumgebungen konzipiert. Mit einer Größe von 168 cm und einem überraschend leichten Gewicht von 30 kg ist seine Hardware in eine „verformbare 3D-Gitterstruktur“ und einen maschinenwaschbaren Nylonanzug gehüllt. Dies ist nicht der kalte, harte Terminator aus filmischen Albträumen; er ist darauf ausgelegt, zugänglich, leise (unter 22 dB Betriebslautstärke) und absolut einklemm-sicher zu sein.

Die Designphilosophie ist klar: Es soll sich einfügen. Neo ist als nützliches Werkzeug gedacht, nicht als industrielles Schreckgespenst im Mittelpunkt. Er kann Treppen steigen, knien und sitzen, während er bis zu 25 kg tragen kann. Seine Hauptaufgabe ist es, das Alltägliche zu übernehmen – aufräumen, organisieren und eine Liste von Aufgaben abarbeiten, die Sie über eine mobile App verwalten. Kurz gesagt, er ist der wohl überentwickeltste Roomba der Welt – nur eben mit Armen.
Siliziumherz und Sehnenmuskeln: Das Innenleben
Blickt man hinter die weiche Hülle, offenbart sich beeindruckende Ingenieurskunst. Neos Bewegungen werden von sehnengetriebenen Aktuatoren angetrieben, einem System, das biologische Muskeln nachahmt, um fließende, sichere und präzise Bewegungen zu erzeugen. Dies ist eine wesentliche Abkehr von den starren, drehmomentstarken Getrieben, die in vielen Industrierobotern zu finden sind, und entscheidend für Neos sicheren Betrieb in der Nähe zerbrechlicher Dinge – wie uns Menschen.

Das Gehirn ist nicht weniger beeindruckend. Im Kern befindet sich der „1X NEO Cortex“, eine Compute-Plattform, die von Nvidias Jetson Thor System-on-a-Chip angetrieben wird. Dies verleiht Neo bis zu 2.070 TFLOPS an KI-Verarbeitungsleistung, die er nutzt, um sein generalistisches KI-Modell „Redwood AI“ zu betreiben. Dies, kombiniert mit einem eingebauten Large Language Model, ermöglicht es Neo, natürliche Sprache zu verstehen, seine Umgebung durch zwei 8,85-MP-Kameras wahrzunehmen und aus seinen Interaktionen zu lernen. Er folgt nicht nur vorprogrammierten Routinen; er ist darauf ausgelegt, zu verstehen, zu denken und sich anzupassen.
Der Mensch in der Schleife: Ein schlauer Kniff
Hier kommt der clevere, wenn auch etwas unbeholfene, Teil des Plans. Obwohl Neo auf „volle Autonomie“ ausgelegt ist, kommt er nicht als Allwissender an. Für Aufgaben, die er noch nicht gemeistert hat, können Besitzer eine „Expert Mode“-Sitzung buchen. Dies ermöglicht es einem menschlichen Bediener von 1X, physisch in den USA ansässig, den Roboter ferngesteuert eine Aufgabe erledigen zu lassen.
„Für jede Aufgabe, die er noch nicht kennt, können Sie einen 1X-Experten beauftragen, ihn anzuleiten. So lernt NEO, während die Arbeit erledigt wird.“
Dies ist sowohl eine brillante Trainingsstrategie als auch ein pragmatisches Eingeständnis, dass echte allgemeine Autonomie noch in weiter Ferne liegt. Der Roboter lernt, indem er einem Menschen bei der Arbeit zusieht – ein Geschäftsmodell, das sich seltsam, unangenehm vertraut anfühlt. 1X versichert den Nutzern, dass sie die volle Kontrolle über diese Sitzungen haben, und die „Emotive Ohrringe“ des Roboters wechseln die Farbe, um anzuzeigen, wann ein Bediener aktiv ist.
Der Preis des Fortschritts: Was kostet der Spaß?
Nun zur Zahl, die die Early Adopter von den bloß Neugierigen trennt. 1X bietet zwei Wege zum Besitz an:
- Early Access Ownership: Eine einmalige Zahlung von 20.000 €, inklusive 3 Jahre Garantie und Premium-Support.
- Monatliches Abonnement: Deutlich bekömmlicher (aber unaufhörlich den Geldbeutel leerend) 499 €/Monat.
Die Auslieferungen sollen 2026 in den USA beginnen. Diese Preisgestaltung rückt Neo ins Reich eines High-End-Luxusguts oder einer erheblichen Geschäftsausgabe. Während Konkurrenten wie Tesla und Figure AI sich zunächst auf industrielle und kommerzielle Anwendungen konzentrieren, schlägt 1X direkt und kühn den Weg zum Endverbrauchermarkt ein. Sie wettet darauf, dass es genügend Menschen gibt, die bereit sind, einen Premium-Preis zu zahlen, um schon heute in der Zukunft zu leben.
Letztlich stellt Neo einen faszinierenden Wendepunkt dar. Es ist ein immens ausgeklügeltes Stück Hardware, gestützt von ernstzunehmender KI, das als Haushaltsgerät vermarktet wird. Es ist wahrscheinlich nichts für Sie, für mich oder für jemanden mit einem normalen Budget. Aber es ist eine kraftvolle Absichtserklärung. Die Ära des häuslichen Humanoiden hat offiziell begonnen – nicht mit einem Paukenschlag, sondern mit einer Vorbestellerseite und einer vollständig erstattungsfähigen Anzahlung.






