Chinas Roboter-'Uber' gestartet

Die Gig Economy hat, so scheint es, nun auch unsere zukünftigen Roboter-Oberherren im Visier. Was sich anfühlt wie eine unvermeidliche Schlagzeile aus einem William-Gibson-Roman, ist nun Realität: China hat offiziell seine erste offene Roboter-Mietplattform gestartet. Getauft auf den Namen BotShare (lokal bekannt als Qingtian Rent), zielt der neue Dienst darauf ab, die Anmietung eines humanoiden Roboters so alltäglich zu machen wie das Ausleihen einer Powerbank oder das Bestellen eines Taxis. Denn wenn man schon eine Hochzeit schmeißt, warum sollte nicht eine zweibeinige Maschine die Ringe überreichen? Wir schreiben schließlich das Jahr 2025.

Am 22. Dezember in Shanghai an den Start gegangen, ist die Plattform der Geistesblitz von AgiBot, Chinas wertvollstem Startup im Bereich verkörperte Intelligenz. Das Unternehmen, bereits ein Einhorn, setzt alles darauf, dass der hohe Anschaffungspreis fortschrittlicher Robotik das größte Hindernis für die Massenakzeptanz darstellt. Ihre Lösung? Ein Robotics-as-a-Service (RaaS)-Marktplatz, der Roboterhersteller, Entwickler, Dienstleister und jeden miteinander verbindet, der plötzlich und verzweifelt einen Roboter für seine Firmen-Gala zum Tanzen braucht. „In Zukunft wird die Schwelle für die Anmietung eines Roboters deutlich sinken“, sagte Jiang Qingsong, AgiBot-Partner und Vorsitzender von BotShare, und traf damit den Zeitgeist auf den Punkt.

Das Milliardengeschäft der Roboter-Vermietung

Das ist nicht bloß eine skurrile Startup-Idee; es ist ein kalkulierter Schachzug in einem Markt, von dem Branchenführer prognostizieren, dass er explodieren wird. Prognosen deuten darauf hin, dass Chinas Roboter-Mietsektor bis 2026 um das Zehnfache auf schwindelerregende 10 Milliarden Yuan (ca. 1,3 Milliarden Euro) ansteigen wird. Die Nachfrage nach kurzfristigen Anmietungen in der Event-, Hochzeits- und Bildungsbranche steigt offenbar bereits rasant an. BotShare legt einen Blitzstart hin mit einem Netzwerk, das bereits 50 Kernstädte abdeckt, über 600 Dienstleister umfasst und eine Flotte von mehr als 1.000 Bots für den Einsatz bereithält.

Das Launch-Event in Shanghais Pudong New Area war eine wahre Parade moderner Robotik. Zu sehen waren humanoide Roboter und Roboterhunde von AgiBot, bionische Roboter von AheadForm und sogar Exoskelette von ULS Robotics. Die Vorführungen umfassten die bereits erwähnten ringüberreichenden Hochzeitsroboter, synchron tanzende Maschinen für Partys und hyperrealistische „weibliche“ Roboter, die als Event-Gastgeberinnen fungierten. Es ist eine kühne Vision der Zukunft, in der Ihr temporäres Personal vielleicht eher einen Ölwechsel als eine Kaffeepause benötigt.

Preisgestaltung im Wilden Westen der Robotik

Was kostet es also, einen temporären metallischen Freund zu mieten? Die Preisstruktur ist, gelinde gesagt, volatil. Offizielle Standardtarife wurden noch nicht veröffentlicht, aber Vor-Ort-Anfragen offenbarten eine enorme Bandbreite. Ein einfacher Roboterhund könnte Sie lediglich 200 bis 500 Yuan (ca. 26 bis 65 Euro) pro Tag kosten. Ein leistungsfähigerer Humanoide für ein Firmenevent könnte bei etwa 2.000 bis 5.000 Yuan pro Tag liegen.

Doch für wirklich spezialisierte Aufgaben sind nach oben keine Grenzen gesetzt. Ein „Sportwettkampf“-Paket mit zwei vierbeinigen Robotern kann für eine eintägige Miete bis zu 99.800 Yuan (knapp 13.000 Euro) kosten. Diese Volatilität ist ein Kennzeichen eines unreifen Marktes. Die Branche erlebte Anfang des Jahres eine massive Preisblase, nachdem eine Performance von Unitree Robotics bei der Chinesischen Neujahrsgala die täglichen Mietpreise in die Zehntausende von Yuan trieb – ein Hype, der schnell abkühlte, als AgiBot und andere die Massenproduktion hochfuhren. Der Erfolg von BotShare wird davon abhängen, ob es diesem Chaos Herr werden und zentrale Branchenherausforderungen wie instabile Preise, saisonale Nachfrageschwankungen und inkompatible Softwarestandards zwischen verschiedenen Marken bewältigen kann.

Die große „1234“-Strategie

Hinter dem Start steht ein klarer, wenn auch etwas Jargon-gespickter, Fahrplan. BotShare hat seine „1234“-Strategie angekündigt, die bis 2026 folgende Ziele verfolgt:

  • Mehr als 10 Originalgerätehersteller (OEMs) an Bord zu holen.
  • Ein Netzwerk von über 200 erstklassigen Mietdienstleistern aufzubauen.
  • Mehr als 3.000 Content- und Anwendungsentwickler anzuziehen.
  • Über 400.000 Mietkunden zu bedienen.

Der Plan sieht vor, den Dienst bis Ende 2026 von derzeit 50 auf über 200 Städte auszuweiten. Während der anfängliche Fokus auf dem Glanz und Glamour von Unterhaltungs- und Eventmieten liegt, plant das Unternehmen, sich auf die lukrativeren Industrie- und Fertigungssektoren zu verlagern, wobei Pilotprogramme voraussichtlich 2026 beginnen sollen.

Diese Plattform ist mehr als nur ein ausgefallener Mietservice. Sie stellt einen entscheidenden Schritt in der Kommerzialisierung von verkörperter Intelligenz in China dar, unterstützt von einer Regierung, die darauf brennt, in fortschrittlicher Technologie führend zu sein. Indem BotShare die Eintrittsbarriere senkt, schafft es ein riesiges, reales Testgelände für Robotikanwendungen. Die aus diesen Hunderttausenden von Vermietungen gesammelten Daten werden unweigerlich in die Entwicklung leistungsfähigerer und zuverlässigerer Maschinen zurückfließen. Wenn Sie also einen Roboter brauchen, um Ihre nächste Party auf Trab zu bringen, wissen Sie jetzt, wen Sie anrufen müssen. Stellen Sie nur sicher, dass Ihr WLAN stark genug ist.